Was mir von Umberto Eco bleibt.

Umberto Eco ist tot.
In mir lebt vieles von ihm. Denn ausnahmslos alles, was ich von ihm bisher gelesen habe, war großartig. Das Setting seiner Romane war fest verankert in seinem Geschichtswissen, die Handlung durchdrungen vom schillernden Panoptikum seiner philosophischen Einflüsse, die Figuren waren psychologisch schlüssig und doch von einer utopischen Dimension. Grass, naja; Salman Rushdie, sicherlich. Aber Eco war für mich der Romanautor der vergangenen Jahrzehnte.
Und welche Figuren und Szenen hat Eco erschaffen! Da war der exzentrische christliche Wissenschaftler des Barock in „Die Insel des vorigen Tages“, der für seinen Drang zur Erkenntnis den Tod in Kauf nahm. Die Beschreibung der Eroberung und Plünderung von Byzanz durch den vierten Kreuzzug im Jahre 1204 im Roman „Baudolino“ bleibt mir unvergeßlich. Für alle, die sich über Realität und Theorie der Verschwörung in der europäischen Geschichte informieren wollen, bleibt das „Foucaultsche Pendel“ die Lektüre der Wahl.
Und dann sein meisterhaftestes Meisterwerk: „Im Namen der Rose“. Welch eine faszinierende Welt wird hier entworfen, welches Labyrinth des Begehrens, des Glaubens, des Grübelns, des Gierens, des Lügens und Strafens und Hoffens und Rettens!
Auch einige literaturtheoretische Aufsätze von Eco habe ich gelesen: brillant alles das, brillant und zutiefst humanistisch! Die Semiologie, die Lehre der Symbole und Zeichen: Umberto Eco hat diesen Wissenschaftszweig quasi erfunden.
Dazu kam Ecos jederzeitiges Eingreifen in die entscheidenden Kämpfe der Tagespolitik: der Kampf gegen Berlusconi, gegen die Neofaschisten, gegen Korruption und Mafia!
Ach, Eco… Ich werde mir morgen schon „Der Friedhof zu Prag“ kaufen und es lesen. Denn Freunde sagen mir, Du habest Dich in diesem späten Werk selbst übertroffen. Ich aber benötige einige hundert Seiten Eco, um über den Schmerz des Weggangs von Umberto Eco hinfortzukommen.